Warum therapeutische Hypnose?

Ebell, H., Schuckall, H. (Hrsg.)(2004). Warum therapeutische Hypnose? Aus der Praxis von Ärzten und Psychotherapeuten. München: Pflaum Verlag

Den Herausgebern, Hansjörg Ebell und Hellmuth Schuckall, ist es gelungen, 41 Kolleginnen und Kollegen zu gewinnen, über die Darstellung eines konkreten Falles Einblick in ihre Praxis zu gewähren. Fachleute und auch interessierte Laien sind damit eingeladen, ihnen bei ihrer Arbeit zuzuschauen und daran teilzuhaben. Das Ergebnis ist kein weiteres Lehrbuch der Hypnose, sondern ein Handbuch von Praktikern für Praktiker, Anfänger wie Fortgeschrittene, erweitert um Reflexionen über den Stellenwert der Hypnose im jeweiligen Therapiekonzept. Der Leser muss die Fallgeschichten nicht der Reihe nach lesen, sondern kann nach Lust und Laune die eine oder andere überspringen. Die einzelnen Fallgeschichten sind einheitlich gegliedert, die grafische Gestaltung wirkt dabei unterstützend. Jeder einzelne Artikel hat einen "literarischen" und einen fachlichen Titel, der beschreibt, für welches Problem Hypnose eingesetzt wurde. Die Fallgeschichten beginnen mit einer knappen Zusammenfassung. Der Darstellung der Ausgangssituation schließt sich die Schilderung der eigentlichen Hypnosebehandlung an - meist in Form eines Transkripts und gut kenntlich mit Grau unterlegt. Es folgt die Evaluation des therapeutischen Vorgehens und des Therapieverlaufs. Am Ende eines jeden Artikels stellen die Autoren sich selbst und ihren Weg zur Hypnose vor. Ein breites Spektrum von Therapeutenpersönlichkeiten und Ausbildungsschulen wird dabei erkennbar. Entsprechend den verschiedenen Anwendungsfeldern ist das Buch untergliedert in vier Abschnitte: In Medizinische Hypnose - u.a. zur Vorbereitung auf einen operativen Eingriff (Bejenke), als Narkoseeinleitung (Hansen) oder zur Symptomkontrolle, Zahnmedizinische Hypnose sowie Hypnose in Psychosomatik und Psychotherapie - u.a. zur Behandlung von Panik- und Angststörungen, Depressionen, Traumatisierung, sexuellen Störungen und chronifizierten Schmerzen. Auch der Hypnose mit Kindern und Jugendlichen - u.a. bei der Behandlung von Bettnässen oder einem Tic - ist ein eigener Abschnitt gewidmet. Als Wartezimmerlektüre könnte das Buch die Wartezeit verkürzen und wäre vermutlich eine faszinierende und informative Vorbereitung auf eine Behandlung in Hypnose - selbst für den Fall, dass andere Techniken als dargestellt verwendet würden. Literaturangaben der Autoren, ein Anhang mit Erläuterungen der wichtigsten Fachbegriffe und eine Auflistung der Hypnosefachgesellschaften in Deutschland unterstreichen den Gebrauchswert des Buches. Darüber hinaus eröffnen konzeptionelle Reflexionen im Nachwort einen Diskurs über den Stellenwert der therapeutischen Hypnose im Kontext eines objektiv angemessenen und subjektiv für die Patienten zufrieden stellenden Gesamttherapiekonzepts. Die vorliegende Sammlung offeriert eine große Bandbreite der aktuellen Hypnosepraxis - angefangen von der "klassischen" Hypnose mit direktiven Suggestionen über das Ericksonische Modell der Ressourcenorientierung bis hin zur Selbsthypnose und zur Miteinbeziehung von Hypnosetechniken in unterschiedliche Behandlungskonzepte. Diese können verhaltenstherapeutisch oder tiefenpsychologisch fundiert ausgerichtet sein. Auch in der Kombination mit anderen Behandlungsmethoden wie Akupunktur oder bestimmten Kommunikationstechniken wie NLP ist Hypnose wirksam verwendbar. Die erstaunlichen Phänomene im Zustand der Hypnose entsprechen psychophysiologischen Fähigkeiten des Menschen, die schon immer in Heiltraditionen vieler Kulturen genutzt wurden. In diesen Fallgeschichten wird deutlich, dass die jeweils geschilderte Hypnosetherapie der Autorinnen und Autoren nicht nur als nüchtern ausgeführte Technik verstanden wird. In ihrer spezifischen Ausprägung sind sie auch Ausdruck der Persönlichkeit der Therapeuten. Ihr individuelles Herangehen, ihre Phantasie und Kreativität sowie die therapeutische Beziehung bestimmen das Geschehen wesentlich mit. Die Lektüre dieser Fallgeschichten macht Mut, enthalten sie doch so zahlreiche Anregungen, dass jeder Leser persönliche Antworten auf die im Titel gestellte Frage finden kann.

Adelheid Kress in: Deutsche Zeitschrift für zahnärztliche Hypnose, Mai 2006, S.52/53

 
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