Laudatio für Dr. Burkhard Peter

Der Milton Erickson Preis der M.E.G. für das Jahr 2006 geht an Dr. Burkhard Peter. Es gibt mehrere Gründe, warum Burkhard diesen Preis erhält: Er denkt international, er beschäftigt sich mit wesentlichen Themen des menschlichen Lebens, er denkt klinisch und wissenschaftlich und mit seinem historischen Interesse ist er auch bereit, der Vergangenheit eine Zukunft zu geben.
Burkhard Peter hat einen enormen Beitrag zur Entwicklung der Hypnose in Europa geleistet. Dank seiner internationalen Ausrichtung konnte er über Europa hinausschauen und hat in Milton H. Erickson denjenigen gefunden, der neue Wege beschritt. Burkhard Peter war von 1978 bis 1984 Gründungsvorsitzender der Milton Erickson Gesellschaft für Klinische Hypnose und ist seit 1984 verantwortlicher Herausgeber der Zeitschrift Hypnose und Kognition.1)
Aber Burkhard ist mehr als solche Fakten beschreiben können. Burkhard ist – auch - schwierig. Er sucht die Auseinandersetzung mit dem Unbekannten, er geht ins Extreme und er hat nichts, aber auch gar nichts von Mittelmaß. Und ich denke, auch oder gerade dafür bekommt er heute den Preis.

Wie kann man sich nun dem schwierigen Burkhard nähern? Wenn man beobachtet, wie sich Medien oder so genannte Experten den zu ehrenden Personen aus Kunst oder Wissenschaften nähern, merkt man sehr rasch, wie wenig die Biographie oder auch Leistungen dem Menschen gerecht werden. Interessant ist doch die Frage: Warum wählt jemand gerade dieses Thema und diesen Weg im Leben und wie kam es dazu? Was sind die inneren Beweggründe?

Aufgewachsen in einem Milieu, in dem klare Wertigkeiten vorgegeben waren, herrschte eine Enge, aus der es auszubrechen galt. Bereits in diesem Abschnitt macht sich eine elementare Kraft bemerkbar, die die Grenzen der Gesellschaft nur schwer akzeptiert und die Burkhard dazu bringt, etwas bewegen zu wollen. Die Natur mit ihren extremen Ausbildungen hat ihn offenbar immer fasziniert, wobei dies bis heute ungebrochen weiter besteht. Burkhard versucht nun, sich mit denjenigen Elementen zu messen, die das Leben auf der Erde erst möglich machten. Er will sich in der Luft, über und unter dem Wasser aufhalten (Segelfliegen, Segeln auf dem Wasser, Surfen, Tauchen) und veranstaltete, natürlich – denn damals gehörte das einfach dazu – Selbsterfahrungsseminare auf einem Segelboot. Möglicherweise trugen diese Erfahrungen auch zu einer frühen Publikation bei, die sich mit „Psychohygiene des Reiseleiters“ (1983) beschäftigt, erschienen im Handbuch für Studienreiseleiter. Alida kochte – im wahrsten Sinn des Wortes – in der Küche des Seefahrers; sie hat auch 1978 in Phoenix die M.E.G. mitbegründet2). Alida hatte und hat sicher auch in Zukunft manches durchzumachen, ist sie doch mit jemandem verheiratet, der von Unabdingbarkeit geprägt ist und monoman seine Ideen verfolgt. Und vermutlich sind es nicht nur Ideen, sondern elementare Bedürfnisse; ein inneres Verlangen, etwas zu entdecken, wo Überraschendes passiert, um dann den Dingen auf den Grund zu gehen. Das macht ihn unschätzbar und das macht ihn für die Hypnoseentwicklung so wichtig, aber eben auch schwierig – im Alltag.
Seine Auseinandersetzung mit den vorgegebenen Menschenbildern aus philosophischer und psychologischer Sicht ist in dieser Entwicklung nur eine logische Folge. Eine kritische Haltung zu störungsspezifischen Ansätzen, zu bestehenden Psychotherapien sind die Folge und zeigen, dass er neben von der Physik geprägten psychologischen Ansätzen auch Phänomene suchte, die etwas erklären können. Mit seiner Energie und mit seiner kritischen Betrachtung aller Phänomene hat er wesentliche Beiträge in der Hypnoseforschung geleistet, und auch ich bin ihm dankbar für so manche hilfreichen Begegnungen und Gespräche, die dazu beigetragen haben, meine Hypnoseforschung weiter zu entwickeln. Ich werde unsere erste Begegnung nie vergessen, wie Du, Burkhard, Dirk [Revenstorf] und Jeff Zeig zu dritt nach Wien gekommen seid. Mehr oder weniger ahnungslos hatte ich Euch alle drei eingeladen, und Ihr habt damals die vielen Fragen einer Anfängerin ernst genommen. Auch diese Qualität zeichnet Dich aus und auch dafür sei Dir hier gedankt.

Frühe Prägungen wie das Bild des Exorzismus im Deckenfresko seiner Heimatkirche, das er Jahrzehnte später bei Pater Gaßner wieder findet, regten die wissenschaftliche Aufarbeitung an. Burkhards Arbeiten zur Geschichte der Hypnose (z.B. 2000) sind nicht einfach Beschreibungen, sondern ein Suchen nach Erkenntnissen. Gleiches gilt für seine therapeutischen Ziele. Er beschäftigt sich mit dem Leiden der Menschen, mit den Themen Schmerz (z.B. 2004), Krebs (z.B. 1997), Aids (z.B. 1994) – mit Leben und Sterben (1996) und sucht mit Hypnotherapie zu helfen. Immer wieder fragt er „was ist Hypnose“ (1991), „Magie oder Psychotherapie“ (1986) und lässt auch Raum für Spielerisches, das sich in der Publikation „Forget the forgetting in order to remember“ (1991) ausdrückt. Er liest die alten Großen, befragt die damals noch lebenden Ikonen (z. B. Erika Fromm, Ernest R. Hilgard, André Weitzenhoffer) und mit seinem Charme gelingt es ihm, dabei auch Brücken zu bauen (Fromm, 19923)). Er fragt, er sucht. Und in all dem vergisst er nie (1) die Hypnose zu fördern, (2) sie anderen näher zu bringen und (3) Interessierte zu gewinnen. Er organisiert eine Reihe von Kongressen im In- und Ausland, beginnend 1984 mit dem Ersten Deutschen Kongress für Hypnose und Hypnotherapie. Es folgen Heidelberg, Jerusalem und München.
Burkhard nimmt an der Universität München einen Lehrauftrag an, er ist ein im In- und Ausland gefragter Referent. Seine Seminare sind legendär. Burkhard Peter hat an die 150 Publikationen geschrieben, in einem ausgewogenen Gleichgewicht von experimentellen Studien, Übersichten und Lehrbeispielen - und - in diesen Publikationen ist er auch immer Richtung weisend.

Burkhard lässt sich faszinieren und packen, von der Magie zur Hypnose, vom Spitzen (Kakteenzucht) zum Weichen (Wasser), vom Größten (Flugzeug, riesige Tauchgeräte) geht er zum Kleinsten (Modelleisenbahn) und sucht auch hier wieder das Extreme: er züchtet schließlich Bonsai. Als auch dieses Thema ausgelotet ist, kommt eine neue Sammelleidenschaft für alte Hypnoseliteratur. Um dem Platzmangel zu entgehen hat er gerade ein Haus gebaut. Wir sind in der Gegenwart angelangt, und die Fakten, die mir in Burkhards Leben wirklich wichtig scheinen, haben kein Ablaufdatum.
Lieber Burkhard

Dein Leben und dein Schaffen beruhen auf Deiner unbändigen Kraft.

Deine Einfühlsamkeit für Deine Umgebung und für Deine Familie beruhen auf Deiner Sensibilität, wobei Deine besondere Art, an das Leben heranzugehen, wohl auch der Anker vieler Menschen in Deiner Umgebung ist.

Deine Ausdauer und Dein Suchen-Erleben und Finden-Wollen wurden frühkindlich geprägt und sind somit unerschöpflich.

Der Milton Erickson Preis der M.E.G. ist gestiftet von Ulrich Freund, und Burkhard Peter hat diesen Preis bekommen für seine Unbändigkeit gepaart mit Akribie, für sein Suchen und Forschen und für seine Konsequenz, mit der er für die Hypnose und Hypnotherapie eintritt.

Prof. Dr. Henriette Walter
Psychiatrische Universitätsklinik
Währinger Gürtel 18-20
A-1090 Wien

1) Hypnose und Kognition hat nach 20 Jahren den Namen geändert und heißt seit 2005 Hypnose, Zeitschrift für Hypnose und Hypnotherapie; Näheres siehe im Vorwort und in den Presidents Corners der Zeitschrift.
2) zus. mit Wilhelm Gerl
3) Erika Fromm beschrieb in Ihrem Artikel von 1992 eindringlich, warum sie nicht erlauben wollte, dass ihre Publikationen ins Deutsche übersetzt würden; dieser Artikel ist somit (neben ihrer Dissertation über „Optische Versuche über Ruhe und Bewegung“ 1933 unter Max Wertheimer an der Universität Frankfurt) die einzige deutsche Veröffentlichung der 2003 verstorbenen großen alten Dame der Hypnoanalyse. Burkhard Peter verfasste 1992 eine kurze, autorisierte deutsche Zusammenfassung ihres Werkes.

Fromm, E. (1992). Persönliche Gefühle eines Nazi-Flüchtlings: Warum ich von den Deutschen nicht geehrt werden will. Hypnose und Kognition, 9(1+2), 51-57.
Peter, B. (1982). Psychohygiene des Reiseleiters. In W. Günter (Hrsg.), Handbuch für Studienreiseleiter (147-156). Starnberg: Studienkreis für Tourismus.
Peter, B. (1986). Hypnose - Magie oder Psychotherapie? In A. Schorr (Ed.), Bericht über den 13. Kongreß für Angewandte Psychologie (Bd. II ed., pp. 70-74). Bonn: Deutscher Psychologen Verlag.
Peter, B. (1991). Forget the forgetting in order to remember. In H. Klippstein (Ed.), Erickonian hypnotherapeutic group inductions (pp. 136-138). New York: Brunner/Mazel.
Peter, B. (1991). Was ist Hypnose. In B. Peter & C. Kraiker & D. Revenstorf (Hrsg.), Hypnose und Verhaltenstherapie (pp. 9-28). Bern: Huber.
Peter, B. (1992). Hypnoanalyse: Der Beitrag von Erika Fromm. Hypnose und Kognition, 9(1+2), 58-84.
Peter, B. (1994). Hypnose und Psychotherapie bei HIV-, ARC- und AIDS-Patienten. Hypnose und Kognition, 11(1+2), 65-93.
Peter, B. (1996). Hypnotherapy with cancer patients: On speaking about death and dying. Australian Journal of Clinical and Experimental Hypnosis, 24(1), 29-35.
Peter, B. (1997). Hypnose in der Behandlung von Krebsschmerzen. Experimentelle und Klinische Hypnose, 8(2), 91-110.
Peter, B. (2000). Zur Geschichte der Hypnose in Deutschland. Hypnose und Kognition, 17(1+2), 47-106.
Peter, B. (2004). Hypnose. In H. D. Basler & C. Franz & B. Kröner-Herwig & H. P. Rehfisch (Eds.), Psychologische Schmerztherapie (5 ed., pp. 567-587). Berlin: Springer.

 
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